Rede vom OMZ – Obdachlose mit Zukunft – aus Köln auf der Kundgebung 13.07.2022 „FLINTA*S auf der Straße – für selbstverwaltete Wohnräume“

Hallo zusammen! Ich bin Andre Salentin vom OMZ- Obdachlose mit Zukunft aus Köln. Wir sind vor ein paar Tagen aus Köln hierher gefahren, um die Habersaathstrasse zu besuchen und unsere Solidarität zu zeigen. Zum Glück gibt es das 9€ Ticket, sonst hätten wir das nicht machen können. Wir sind hierher gefahren, um das Haus hier kennen zu lernen und der Öffentlichkeit zu sagen, dass Berlin einen großen Fehler begeht, wenn es Projekte wie die Habersaathstrasse abreißt, kaputt macht, zig Menschen wieder in die Obdachlosigkeit zurückwirft, nur um mit der Habersaathstrasse danach mehr Geld zu machen. Diese Zusammenarbeit von Stadtpolitik mit Investoren ist ekelhaft und verlogen!

Wenn Politik wirklich für die Menschen da wäre, müsste sie solche Initiativen wie die Habersaathstrasse und das OMZ mit allen Mitteln unterstützen und weiter erhalten und nicht an den nächstbesten Investor verkaufen, der damit sein fettes Konto noch fetter macht. Wir als OMZ stehen solidarisch an der Seite der Initiative der Habersaathstrasse und verurteilen den geplanten Abriss aufs Schärfste!

Wir sind hierher gekommen, um unsere Solidarität zu zeigen, weil wir uns immer wieder in einer ähnlichen Situation befinden und auch unser Wohnraum immer wieder bedroht wird. Wir wissen, wie mies es sich anfühlt, wenn man nicht weiß, wie lange man noch bleiben kann, wann man wieder alle seine Sachen zusammenpacken muss, ohne zu wissen, wohin es als nächstes geht. Das Flinta-Haus Habersaath 48(?) war so nett, uns zwei Menschis aus dem OMZ als Besucher aufzunehmen, obwohl wir nicht besonders Flinta sind. Wir bedanken uns für eure Solidarität und Gastfreundschaft, das ist nicht selbstverständlich.

In Köln haben wir auch sehr viele obdachlose Menschen und zu Beginn der Corona Pandemie habe ich ein leeres Haus gesucht und gefunden und viele Obdachlose angesprochen, damit wir gemeinsam das Haus besetzen. Die Besetzung war erfolgreich, nur sollten wir danach dreimal geräumt werden, zum Glück ist es nie passiert, aber wir müssen mehrmals in andere Häuser ziehen, weil die alten abgerissen werden.

Es werden uns also viele Steine in den Weg gelegt, aber wir laufen weiter. Es gibt viel Chaos und Stress im Haus, ihr kennt das, es ist eben eine Riesen WG, wir kommen alle von der Strasse, es wäre sehr unrealistisch, wenn plötzlich alles in Harmonie und Frieden wäre. Es gibt also internen Stress, aber wir haben alle ein Dach über dem Kopf, und das zählt. Vor allem, wenn es wieder Winter ist, was grade schwer vorstellbar ist, dann werden wir alle sehr froh sein, nicht auf der Straße zu sein und zu erfrieren. Auch jetzt bei den heißen Temperaturen ist es so wichtig, fließendes Wasser zu haben, ein schattiges Zimmer und nicht ungeschützt und ohne Wasser auf dem heißen Asphalt zu wohnen.

Ein Wort noch zu obdachlosen Flinta: Ich weiß, dass es obdachlose Frauen und Flintas besonders schwierig haben, das klingt jetzt vielleicht komisch, dass ich als Mann davon rede, aber ich finde es wichtig. Frauen sind viel mehr sexualisierter gewalt ausgesetzt, sie müssen sich oft für Drogen prostituieren, viele sind leider finanziell von einem Mann abhängig und landen nach der Trennung auf der Strasse. Auch in Notunterkünften stehen sexuelle Übergriffe auf der Tagesordnung und die Frauenhäuser sind meist sehr überfüllt und ausgebucht. Viele wohnungslose Frauen kommen gegen Sex als Bezahlung bei Bekannten unter und sind somit auf der Strasse nicht sichtbar, brauchen aber eigentlich dringend einen Wohnraum, in dem sie frei sind, nicht abhängig und nicht zum Sex gezwungen sind.

Daher ist es mehr als notwendig, dass es sichere Räume, safe spaces für Frauen und Flintas gibt und auch deshalb muss die Habersaathstrasse stehen bleiben!

Das OMZ sagt: Finger weg von unsren Häusern, Finger weg von unsren Freiräumen! Leerstand zu Wohnraum! Wohnraum für Alle! Safe spaces für Flintas!

Habersaath bleibt! OMZ bleibt! Die Häuser denen, die drin wohnen!

Dankeschön 🙂